ChessBase Magazin

Sweschnikow 7.Sd5 Sxd5 8.exd5 Sb8 9.Df3!?

Schocker im Sweschnikow

von Lars Schandorff

Einen Vorteil gegen eine stark analysierte Eröffnung wie den Svwschnikow-Sizilianer zu erlangen, ist heutzutage theoretisch fast unmöglich, aber der Praktiker kann immer versuchen, den Gegner mit einem scharfen Nebenabspiel zu überraschen. Die Frage ist dann, wer besser vorbereitet ist, wer sich die komplizierten Varianten merken kann.

Ein solches Abspiel existiert im modernen Sweschnikow mit 7.Sd5: 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 e5 6.Sdb5 d6 7.Sd5. Natürlich ist 7.Lg5 immer noch die Hauptvariante, aber 7.Sd5 ist seit dem Weltmeisterschaftskampf Caruana-Carlsen sehr beliebt. 7...Sxd5 8.exd5 Sb8. Wahrscheinlich am besten, jedenfalls meine persönliche Vorliebe. 8...Se7 ist die Alternative. Nach 8...Sb8 spielt Weiß normalerweise positionell am Damenflügel. 9.a4 war Caruanas Wahl in der Partie. Allerdings hat Weiß auch einen trickreichen Zug: 9.Df3!?.

fen:rnbqkb1r/pp3ppp/3p4/1N1Pp3/8/5Q2/PPP2PPP/R1B1KB1R b KQkq - 0 1 v;

Auf den ersten Blick sieht dies fast wie ein Anfängerzug aus, aber es gibt eine hinterhältige Idee. 9...a6. Vertreibt den Springer? 10.Da3!. Nein! Indem er den a-Bauern fesselt, kann Weiß den lästigen Springer auf b5 halten.

fen:rnbqkb1r/1p3ppp/p2p4/1N1Pp3/8/Q7/PPP2PPP/R1B1KB1R b KQkq - 0 1 v;

Es stellt sich heraus, dass der d6-Bauer das überraschende Ziel ist. Weiß plant Lc1-d2-b4 und es ist schwierig, dem Bauern zusätzlichen Schutz zu bieten. Das Spiel wird nun ziemlich forciert.

A) 10...b6

Mit der Absicht, ...Lb7 zu spielen, was die Fesselung auf der a-Linie aufhebt und den weißen Springer zurücktreibt. 11.Lg5!.

fen:rnbqkb1r/5ppp/pp1p4/1N1Pp1B1/8/Q7/PPP2PPP/R3KB1R b KQkq - 0 1 v;

Ein taktischer Schlag, dem wir in dieser Übersicht mehrmals begegnen werden. Der Läufer kann wegen Sc7+ nicht genommen werden. 11...Le7 12.Lxe7 Kxe7. Das endete schlecht für Schwarz in So,W - Carlsen,M 1-0. Besser ist wahrscheinlich 11...f6, aber nach 12.Ld2 Lb7 13.Sc3 mit anschließender langer Rochade behält Weiß die Initiative, wie man in der Analyse der genannten Partie sehen kann.

B) 10...Le7

Der Hauptzug.

B1) 11.Ld2

Dies entpuppt sich als eine schwerwiegende Ungenauigkeit. 11...0-0 12.Lb4.

fen:rnbq1rk1/1p2bppp/p2p4/1N1Pp3/1B6/Q7/PPP2PPP/R3KB1R b KQ - 0 1 v;

12...axb5!. Schwarz opfert die Qualität. 13.Dxa8 Sa6 14.Ld2 Lg5!. Die Initiative zählt mehr als das Material. Schwarz stand in der Spitzenpartie Firouzja,A - Caruana,F 0-1 deutlich besser. Seltsam, alles war bekannt.

B2) 11.Lg5!

fen:rnbqk2r/1p2bppp/p2p4/1N1Pp1B1/8/Q7/PPP2PPP/R3KB1R b KQkq - 0 1 v;

Wieder dieser überraschende Zug. Diesmal kann der Läufer wegen Sxd6+ nicht genommen werden. 11...f6 12.Ld2 0-0 13.Lb4 axb5 (hier könnte man 13...Dd7!? versuchen) 14.Dxa8 Sa6 15.Ld2.

fen:Q1bq1rk1/1p2b1pp/n2p1p2/1p1Pp3/8/8/PPPB1PPP/R3KB1R b KQ - 0 1 v;

Jetzt gibt es kein ...Lg5! Natürlich ist die Stellung kompliziert und Schwarz hat gewisse Kompensation. Trotzdem, in der Spitzenpartie Erigaisi,A - Vachier Lagrave,M 1-0 gewann Weiß.

Nach 11.Lg5! sollte Schwarz meiner Meinung nach 11...Lf5! spielen. Nach 12.Lxe7 Kxe7 hat Schwarz den Läufer auf f5, verglichen mit der So-Carlsen-Partie von oben. Dies ist ein großer Unterschied. Der Läufer greift c2 an und in der Partie Martinez Pla,X - Zhukov,D ½-½ bekam Schwarz schnell eine gute Stellung. Stattdessen könnte Weiß das trickreiche 12.Le2! spielen, das in einigen E-Mail-Partien getestet wurde. Nach dem mehr oder weniger erzwungenen 12...axb5 13.Lxe7 Txa3 14.Lxd8 Ta8 ergibt sich ein ausgeglichenes, aber recht interessantes Endspiel, siehe Volodarsky,Y - Piacenti,L ½-½.

Fazit: Das trickreiche Abspiel 9.Df3!? im Sweschnikow ist definitiv einen Versuch wert. Es macht Spaß, zu sehen, dass mehrere der weltbesten Spieler in dramatische Partien verwickelt waren. Theoretisch steht Schwarz ordentlich, aber am Brett ist es nicht so einfach, wenn man die Sache nicht sehr tief analysiert hat. Eine E-Mail-Partie zeigt, was der sicherste Weg für Schwarz zu sein scheint, aber dennoch ist die Stellung ausgeglichen, so dass Weiß nichts riskiert - das heißt, wenn man sich alles merken kann!