ChessBase Magazin Extra

Die Glanzpartie

Fabiano Caruana – Alexander Donchenko

Saint Louis Masters op Saint Louis (9), 07.12.2024

Alexander Donchenko kommentiert. Die Analyse ist auch in der "Wundertüte" dieser Ausgabe enthalten. Sie können sie auch hier nachspielen.

Vor der letzten Runde führte Caruana das Turnier mit einem Punkt Vorsprung vor sechs Spielern an. Ein ungeteilter Sieg war mehr oder weniger eine Garantie, das Kandidatenturnier über den FIDE-Circuit zu erreichen. Ich hatte Glück und Unglück, von den sechs Verfolgern gegen ihn spielen zu dürfen. Einerseits ist er natürlich der stärkste mögliche Gegner, andererseits steht für ihn viel mehr auf dem Spiel, aber dennoch muss er nicht gewinnen. Auch wenn er als sehr erfahrener Topspieler damit umzugehen weiß, ist das ein psychologischer Druck auf ihn, und ich musste irgendwo meine Vorteile sehen.

1.e4 c5! Natürlich ist 1...c5 nicht besser als viele andere erste Züge. Jedoch ist das nicht nur eine Kampfansage an ihn, sondern auch für mich selbst. Ich will diese Partie nicht unbedingt gewinnen, aber ich möchte mir selbst die Chance geben, darum zu spielen. In nahezu jeder soliden Eröffnung wie Berliner Variante oder Marshall-Gambit wird Caruana das Risiko frei bestimmen können und die Partie leichter in seinen Wunschstellungstyp lenken.

2.Sf3 d6 3.Lb5+ Eine kleine Überraschung, aber ich war darauf eingestellt, überrascht zu werden. Ich bereitete wegen Zeitmangels kaum etwas vor und war nach den bisherigen Partien im Turnier ziemlich sicher, dass Caruana keine besonders kritische Variante spielen wird, womöglich, um – wie auch ich – Vorbereitungszeit bei Doppelrunden zu sparen. 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 In der Najdorf-Hauptstellung kann Weiß natürlich unzählige Varianten spielen, aber die Gefahr, in sehr spezielle Vorbereitung zu laufen, ist auch höher.

3...Sd7 3...Ld7 4.Lxd7+ Dxd7 ist die andere Hauptvariante, die zu mehr vereinfachten Stellungen führt. 5.c4 (5.0–0 Sc6 6.Te1 Sf6 7.c3 e6 8.d4 cxd4 9.cxd4 d5 10.e5 Se4 haben sowohl Caruana als auch ich (und viele andere Spieler) mit Weiß gespielt) 5...Sc6 6.Sc3 g6 7.d4 cxd4 8.Sxd4 Lg7 9.Le3 Sf6 10.f3 0–0 11.0–0 Schwarz steht sehr solide und Weiß hat etwas Raumvorteil. Es ist schwer zu glauben, dass die Nummer zwei der Welt in dieser Standardstellung leicht aus seiner Komfortzone kommt.

4.0–0 a6 5.Le2!?

fen:r1bqkbnr/1p1npppp/p2p4/2p5/4P3/5N2/PPPPBPPP/RNBQ1RK1 b kq - 0 1 v;

Ein seltener Zug, den viele starke Spieler probiert haben, um eine ruhige, spielbare Stellung ohne Theorie zu bekommen. Ich war auf diese spezielle Variante nicht vorbereitet. Hätte Caruana „nur“ seinen Turniersieg absichern wollen, konnte er es leicht aus der Theorie heraus tun, zum Beispiel 5.Ld3 Sgf6 6.c3 b5 7.a4 Lb7 8.axb5 axb5 9.Txa8 Dxa8 10.Lxb5 Lxe4 11.d4 Lxb1 12.dxc5 Le4 13.Te1 e6 14.Txe4 und die Partie wird bald im Remis münden. Das ist weithin bekannt und ich hatte auch schon ein kurzes Remis gegen Patrick Zelbel in der Bundesliga aus dieser Stellung.

5...Sgf6 6.d3 Das sieht nicht sehr ambitioniert aus. Gleichzeitig behauptet Weiß, dass seine Struktur noch sehr flexibel ist, sodass er auf jeden schwarzen Aufbau reagieren kann, während Schwarz zumindest seinen Springer schon auf das suboptimale Feld d7 festgelegt hat.

6...g6 Nicht der genaueste Zug. Das ist gleichzeitig einfach und schwierig in solchen Stellungen. Ich habe sehr viele vernünftige Züge, aber kaum eine Möglichkeit, durch Variantenberechnung an ein Ende zu gelangen und einen "besten" Zug zu finden.

Die meisten Topspieler spielten 6...e6! 7.a4 b6 und hier zeigt sich, wie Weiß eine komplett andere Struktur anstreben kann. 8.Sfd2!? Le7 9.f4 0–0 10.Sc3 Lb7. Die Struktur erinnert mehr an geschlossenen Sizilianer oder sogar farbvertauschtes Holländisch. Schwarz hat objektiv keine Probleme und beide Seiten haben weiterhin sehr viele interessante Möglichkeiten.

7.c4!

fen:r1bqkb1r/1p1npp1p/p2p1np1/2p5/2P1P3/3P1N2/PP2BPPP/RNBQ1RK1 b kq - 0 1 v;

Der beste Zug, der einen Maroczy-Aufbau anstrebt, selbst mit Tempoverlust durch d3–d4. Das wäre eine Struktur, die ich um jeden Preis in dieser Partie vermeiden will.

7...Lg7 Flexibler und etwas genauer ist 7...b6! 8.Sc3 Lb7, aber ich hatte Respekt vor 9.d4?! Das ist objektiv nicht gut, jedoch ist man instinktiv vorsichtiger bei scharfen Versuchen, wenn der Gegner noch in der Vorbereitung ist. Eine etwas passive Stellung kann man auch zwei oder drei Züge gegen einen Computer spielen. Aber wenn d4 in einer Sekunde auf dem Brett steht, muss man diese nächsten Züge gegen einen Computer rechnen und das geht fast nie gut aus.(9.Tb1 Lg7 10.b4 Tb8 und die schwarze Stellung ist sehr gesund.) 9...Lxe4 (9...Sxe4 10.Sxe4 Lxe4 11.Sg5 Lb7 12.Lf3 Dc8! 13.Te1 Lg7 14.dxc5 Sxc5 15.Dxd6 0–0 16.Txe7 Lxf3 17.Sxf3 Se6= ist auch eine gute Variante für Schwarz, aber das zu finden, würde zumindest sehr viel Zeit kosten.) 10.Sxe4 (10.d5 Lxf3 11.Lxf3 Lg7 12.Lg5 0–0) 10...Sxe4 11.Te1 Lg7 12.Lf1 Sef6 mit leichtem Vorteil für Schwarz.

8.Sc3 Jetzt steht Weiß zu d3–d4 bereit.

8...e5!? Eine sehr radikale Lösung des Problems. Ich dachte abstrakt, dass ich zwar einen etwas passiven Springer auf d7 habe, dafür aber mein Läufer auf g7 mehr Potential hat als der Läufer g2.

8...0–0 9.d4 cxd4 10.Sxd4 wäre der weiße Traum. Eine Maroczy Struktur mit allen Figuren auf dem Brett ist meistens sehr unangenehm zu spielen für Schwarz.

9.Se1?! Überraschenderweise findet Caruana nicht den besten Plan. Womöglich hat er auch einfach meinen nächsten Zug unterschätzt.

9.a3! Sf8 10.b4 b6 11.Tb1 Se6 12.bxc5 bxc5 13.Db3 führt zu risikolosem Druck für Weiß, obwohl die Stellung natürlich noch viel Potential behält.

9...Sf8!

fen:r1bqkn1r/1p3pbp/p2p1np1/2p1p3/2P1P3/2NP4/PP2BPPP/R1BQNRK1 w kq - 0 1 v;

Der Springer geht sofort auf sein bestes Feld und "spart" Zeit ohne die Rochade.

9...0–0 10.f4 exf4 11.Lxf4 Se5 12.Dd2 Der Springer steht nicht so gut wie auf e6 in der Partie und Weiß hat freie Hand, seine Stellung zu verbessern.

10.f4 10.b4!? b6 (10...cxb4?! 11.Da4+ S6d7 12.Dxb4 Sc5 13.Le3) 11.bxc5 bxc5 12.Tb1 Se6 13.Sf3 0–0 14.Db3 war immer noch ohne größere Probleme möglich.

10...exf4 11.Lxf4 Se6

fen:r1bqk2r/1p3pbp/p2pnnp1/2p5/2P1PB2/2NP4/PP2B1PP/R2QNRK1 w kq - 0 1 v;

Der Springer steht perfekt und kommt auch noch mit Tempo an.

12.Le3?! Oft ist dieser Abstand von Läufer und Springer gut für den Läufer, weil er den Springer einschränkt, aber hier werden nur seine potentiell besseren Felder unzugänglich.

Besser ist 12.Lg3! und ich plante darauf 12...h5!? (12...0–0 13.Kh1 Tb8 14.a4 ist die Wahl des Computers.) 13.h3 Sd7 14.Kh1 Se5 15.Sc2 Weiß hat objektiv etwas Vorteil, aber ich glaube, dass so ein Stellungstyp immer zweischneidig sein wird und wäre zufrieden damit.

12...0–0 Einer der seltenen Momente, wo ich aus psychologischen Gründen etwas Risiko gehe. Ich sah das Bauernopfer mit ...b5 sehr früh, weil ich es in einer anderen Partie vor kurzem verpasst hatte. Und ich hatte intuitiv das Gefühl, dass Caruana es nicht auf dem Schirm hatte, deswegen stelle ich die Rochade voran, um es im nächsten Zug hoffentlich mit mehr Effekt zu spielen.

12...b5!? 13.cxb5 axb5 14.Sxb5 0–0 ist objektiv mindestens genauso gut, aber hier kann Weiß einen besseren Zug spielen als Qd2. 15.a4 La6 16.Tb1 Dd7 17.b4=

13.Dd2 13.a4! hätte meinen Plan vereitelt, aber selbst hier ist meine Stellung ziemlich angenehm. 13...Ld7 14.Sc2 Lc6 15.Dd2 Sd7 16.Lh6

13...b5!

fen:r1bq1rk1/5pbp/p2pnnp1/1pp5/2P1P3/2NPB3/PP1QB1PP/R3NRK1 w - - 0 1 v;

Ich fühlte, dass ich die Struktur leichter spielen kann als Caruana und glaubte hier zum ersten Mal, tatsächlich um Vorteil zu kämpfen. Ich sah auch, wie sein Zeitverbrauch stieg und er nicht mehr das übliche absolute Selbstvertrauen ausstrahlte.

14.Td1 Ein "neutraler" Zug, aber es war besser, die Stellung sofort zu vereinfachen und durch Abtausch zu verteidigen.

14.cxb5 axb5 15.Sxb5 d5 war meine Idee, aber es ist nicht der einzige Zug. (15...Tb8!? 16.a4 La6 17.Sc2 Lxb5 18.axb5 Txb5 19.b4) 16.e5 (16.exd5? Sxd5 17.Lh6 Lxh6 18.Dxh6 Tb8 19.a4 g5!) 16...Sd7 17.d4 cxd4 18.Sxd4 Sxe5 19.Sxe6 Lxe6 20.Sf3; 14.Lh6 b4 15.Sd1 Lxh6 16.Dxh6 Sd4 17.Dd2 Lg4 18.Lf3! Le6 Diese beiden Varianten sind etwas passiv für Weiß, aber mein Vorteil bleibt klein und es ist ein weiter Weg zu realen Gewinnchancen.

14...Tb8 14...Sd4! war stärker, aber wie Caruana bin ich etwas unentschlossen, wie ich die Struktur verändern sollte. 15.Lxd4 cxd4 16.Sd5 Sxd5 17.cxd5 war für mich am Brett nicht ganz klar, doch ich habe auch hier einen ziemlich klaren Vorteil. 17...De7 18.Sf3 Lg4; 14...b4 15.Sd5 Sxd5 16.cxd5 Sd4 17.Sf3 gefiel mir nicht, weil das weiße Spiel zu geradlinig ist. Er hat fast keine Wahl, als meine aktiven Figuren abzutauschen.

15.b3?! Ich spekulierte etwas auf diesen natürlichen Zug, denn jetzt kann ich das Feld c3 ausnutzen.

15.h3! Lb7 (15...b4 16.Sd5 bringt mir hier wenig ein.) 16.Lf3 bxc4 17.dxc4 Sd4 18.Lh6 und wieder hätte Caruana die meisten Schwächen im Griff und die Partie läuft normal weiter.

15...b4! 16.Sa4 Dieser Zug sieht aus wie eine traurige Notwendigkeit.

16.Sd5 Sxd5 17.cxd5 Lc3! 18.Dc1 Sd4 Jetzt käme alles mit Tempo, was im Vergleich zu 14...b4 einen großen Unterschied macht. 19.Tf2 Sxe2+ 20.Txe2 Lg4 21.Sf3 f5! mit Vorteil für Schwarz.

16...Ld7?! Das ist sehr leichtsinnig gespielt und ich habe Glück, dass die Bestrafung schwer zu sehen ist.

16...Sd4! war ein guter Zug, der kein Gegenspiel zulässt. 17.Lxd4 cxd4 18.Sc2 Sg4 19.Lxg4 Lxg4; 16...h5!? ist ebenfalls sehr stark, aber zeugt entweder von unglaublicher Intuition oder von Cheating. 17.Lh6 Lh8!! 18.Lxf8 Dxf8 Kaum ein starker Spieler würde sich ohne Not hierzu entschließen, obwohl man im Nachhinein klar die Vorteile sehen kann.

17.e5! Ich bemerkte diesen Zug erst, während ich nach Ld7 im Turniersaal rumlief und musste sehr gegen die Panik ankämpfen, dass ich eine, wie ich schon fühlen konnte, sehr gute Partie ruinierte.

17.Sb2? Da5 18.a4 Sd4–+ ist strategisch unhaltbar für Weiß.

17...Se8!

fen:1r1qnrk1/3b1pbp/p2pn1p1/2p1P3/NpP5/1P1PB3/P2QB1PP/3RNRK1 w - - 0 1 v;

Das funktioniert noch am besten, aber hier hatte Caruana die beste und letzte Chance, dem strategischen Druck zu entkommen.

17...dxe5 18.Sxc5 Sxc5 19.Lxc5 Te8 20.Ld6 Sg4! 21.Sc2 (21.Lxb8? Lh6!–+) 21...Tc8 und ich habe jede Kontrolle über die Stellung eingebüßt.

18.exd6? Jetzt passen alle meine Ideen perfekt zusammen. Das war der Moment, den Fluss der Partie zu ändern.

Der objektiv und praktisch einzige Zug war das beeindruckende 18.Lg4!! Gewissermaßen benutzt Weiß den Bauern e5, um mit Gewalt die schwarzfeldrige Blockade zu durchbrechen.18...Lxa4 (18...Lxe5 19.Lxe6! Lxe6 20.Sf3 Lg7 21.d4; 18...f5 19.exf6 Sxf6 20.Lxe6+ Lxe6 21.Sf3=) 19.Lxe6! Lc6 (19...fxe6 20.Txf8+ Kxf8 21.bxa4 Lxe5 22.De2) 20.Lg4 Lxe5 21.d4 cxd4 22.Lxd4 In all diesen Varianten verliere ich die Kontrolle über d4 und selbst ein Bauerngewinn kann das nicht aufwiegen.

18...Lxa4 19.bxa4 Lc3 20.Dc1 Sxd6

fen:1r1q1rk1/5p1p/p2nn1p1/2p5/PpP5/2bPB3/P3B1PP/2QRNRK1 w - - 0 1 v;

Ich habe meine schlechteste Figur abgetauscht, die weiße Bauernstruktur dauerhaft ruiniert und habe aktivere Figuren. Im höheren Sinne ist die Stellung gewonnen, aber natürlich muss man weiterhin keine Gegenchancen bieten.

21.Lg4 f5?! Ich hielt diesen verpflichtenden Zug für notwendig und unterschätzte, wie gut meine Stellung bereits ist.

21...Sd4! behielt eine klare Gewinnstellung, aber ich sah nach 22.Lh6 (22.Kh1 h5 23.Lh3 Te8–+) 22...Te8 23.Lg5 Gespenster. Für den Computer gibt es hier aber keine besonderen Drohungen 23...Da5 24.Df4 S6f5–+

22.Lf3 f4! Mein Spiel basiert darauf, den Lf3 auf dem Brett zu behalten und ins Leere schießen zu lassen.

23.Ld2! 23.Ld5 fxe3 24.Lxe6+ Kg7–+

23...Lxd2

fen:1r1q1rk1/7p/p2nn1p1/2p5/PpP2p2/3P1B2/P2b2PP/2QRNRK1 w - - 0 1 v;

23...Sd4! 24.Lxf4 De7! ist eine weitere Computerlösung, aber es ist schwierig abzuschätzen, dass ein Bauernopfer die weißen Figuren hier komplett passiv hält. 25.Kh1 Kh8 26.Lg5 De6

24.Dxd2?! Sehr natürlich und von mir erwartet, doch es koordiniert die Figuren nicht gut genug für die Verteidigung.

24.Txd2! Sd4 25.Ld5+ Kg7 26.Sc2 Df6 27.Da1! ist die versteckte Idee hier, wonach Caruana ernsthafte Chancen hat, die Partie zu halten. (27.Sxd4 Dxd4+ 28.Tdf2 a5 wäre sehr ähnlich zur Partie und praktisch nicht haltbar.) 27...Sxc2 28.Dxf6+ Kxf6 29.Txc2 g5 30.g3!

24...Sd4 25.Ld5+ Der Läufer ist stabil im Zentrum platziert und hat dennoch keine wirkliche Funktion, ein seltener Anblick.

25.Sc2!? Df6 26.Sxd4 Dxd4+ 27.Df2 Sf5 28.Dxd4 Sxd4 wäre objektiv zäher, aber ein Endspiel ohne jede Perspektive ist immer die letzte Option.

25...Kg7 26.Sf3 Df6

fen:1r3r2/6kp/p2n1qp1/2pB4/PpPn1p2/3P1N2/P2Q2PP/3R1RK1 w - - 0 1 v;

Der Unterschied zu 24.Txd2 sieht nicht dramatisch aus, trotzdem kann ich hier meine Stellung sehr direkt verbessern und meinen Vorteil verwerten.

27.Kh1 Tbe8! 27...a5?! 28.Sg1 g5 29.g3 und es gibt keinen direkten Plan, um mit Schwarz durchzubrechen.

28.Sxd4 28.Tde1 a5 29.Sg1 funktioniert nicht mehr analog zum vorherigen Zug: 29...g5 30.g3 Txe1 31.Dxe1 Sc2! 32.Dd2 Se3–+

28...Dxd4 29.a5 Der einzige Versuch, in irgendeiner Form Gegenspiel zu erlangen, aber die Möglichkeiten sind mittlerweile zu begrenzt, um mich zu überraschen.

29.Tf3 Te3 30.Df2 a5–+ wird bald nicht mehr zu halten sein, auch, weil kein potentieller Schwerfigurentausch die weiße Stellung verbessert.

29...g5

fen:4rr2/6kp/p2n4/P1pB2p1/1pPq1p2/3P4/P2Q2PP/3R1R1K w - - 0 1 v;

Ich verstand mittlerweile, dass die Stellung gewonnen sein muss, dachte aber nach Möglichkeit nicht daran, um nicht nervös zu werden. Zum Glück habe ich die Stellung komplett unter Kontrolle und kann mir nur selbst ein Bein stellen.

30.Dc2!? 30.Tde1 Sf5 31.Txe8 Txe8 32.Dd1 Df6–+

30...Sf5 31.Da4

Ein letzter etwas trickreicher Versuch. Objektiv gewinnen viele Züge, aber wo ich rechnen muss, kann immer ein Fehler passieren.

31...Tf6!

fen:4r3/6kp/p4r2/P1pB1np1/QpPq1p2/3P4/P5PP/3R1R1K w - - 0 1 v;

Droht Matt in zwei Zügen und beendet effektiv die Partie.

31...Se3 32.Dd7+ Kh8 33.Tde1 Dxd3 34.Tg1 ist ebenfalls sehr gewonnen, aber Caruana hätte hier zumindest Hoffnung dank seiner aktiven Dame.

32.h3 32.Dxe8 Sg3+! 33.hxg3 Th6+ 34.Dh5 Txh5#

32...Sg3+ 33.Kh2 Sxf1+ 34.Txf1 Te7

fen:8/4r1kp/p4r2/P1pB2p1/QpPq1p2/3P3P/P5PK/5R2 w - - 0 1 v;

Ich habe eine Qualität gewonnen und viele Vorteile meiner Stellung behalten. Der Rest ist nicht mehr schwierig.

35.Dd1 35.Le4 De5 36.Kh1 g4–+

35...De5 36.Kh1 36.Df3 De2–+ tauscht die Damen.

36...De2 37.Da1 37.Db1 Te3–+

37...Dxd3 38.Lf3 Dxc4 Natürlich hätte Caruana schon aufgeben können, aber in einer letzten Runde ist es verständlich, dass er auch hier noch weiter spielt. Aus eigener Erfahrung kann man sich auch besser beruhigen, während eine Partie noch technisch gesehen läuft.

39.Tc1 Dd4 40.Db1 Tfe6 41.Tf1 41.Kh2 Df2 42.Tf1 Te1–+

41...Dc3 42.Df5 Te5 43.Dg4 Dd3 44.Td1 Df5 45.Dxf5 Txf5 46.Td6 c4 Endlich hatte Caruana genug gesehen und gab die Partie auf. Zweifellos ist das der größte Sieg in einer einzelnen Partie, den ich je erspielt habe. Gegen einen Spieler seines Kalibers gehört immer etwas Glück dazu, eine so gute Kampfstellung zu bekommen und Caruana verpasste wohl den Moment, wo er noch gut die Notbremse ziehen konnte. Dennoch bin ich sehr stolz, den Vorteil nicht verspielt und meine Nerven durchweg behalten zu haben. Ich krönte mit diesem Sieg ein kräftezehrendes und dennoch erfolgreiches Turnier und teilte den Turniersieg mit Caruana mit jeweils 6.5/9 Punkten.

0–1