Irres Figurenopfer!
Robert Ris entkorkt 13.Dc5+!? im Panov-Angriff
Unsere Ausgangsstellung ergibt sich nach 1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.c4 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Sf3 Lg4 7.cxd5 Sxd5 8.Db3 Lxf3 9.gxf3 e6 10.Dxb7 Sxd4 11.Lb5+ Sxb5 12.Dc6+ Ke7.
Eine bekannte Stellung, in der Weiß normalerweise mit 13.Dxb5 fortsetzt, worauf nach 13...Dd7 14.Sxd5+ Dxd5 15.Dxd5 exd5 ein damenloses Mittelspiel auf dem Brett entsteht. In diesem Artikel wollen wir uns jedoch auf das provokante Zwischenschach 13.Dc5+!? konzentrieren,
was Schwarz die Möglichkeit gibt, das Mehrmaterial festzuhalten. Spielen kann er A) 13...Kf6, B) 13...Dd6, C) 13...Ke8 oder D) 13...Sd6.
A) 13...Kf6
Dieser Zug scheint zu optimistisch zu sein, denn nach 14.Se4+ Kf5 15.Dxb5
ist der schwarze König ziemlich schlecht platziert. Es überrascht nicht, dass die Partie Erzhanov,A - Cupid,K 1-0 nicht sehr lange dauerte.
B) 13...Dd6
Eine sehr natürliche Antwort von Schwarz, besonders wenn man sich auf unbekanntem Gebiet befindet. Natürlich holt sich Weiß das Material zurück mit 14.Sxd5+ exd5 15.Dxb5,
wonach sich eine kritische Stellung ergibt. Weiß droht mit einem Doppelangriff auf b7, so dass Schwarz dieses Feld schützen muss. Jetzt gibt es zwei logische Züge.
B1) 15...Dd7?!
Offensichtlich ist Weiß nicht daran interessiert, die Damen zu tauschen, und wird sich stattdessen für 16.Dd3! f6 17.Le3! entscheiden, um den Druck gegen Schwarz' Schwächen aufrechtzuerhalten. Wenn man die Varianten der Partie Durarbayli,V - Sourath,B 1-0 durchgeht, wird klar, dass Schwarz einfach nicht rechtzeitig dazu kommt, seine Entwicklung abzuschließen. Nach 17...Kf7 ist der Schlüsselzug 18.0-0-0!,
wonach Weiß ausgezeichnete Chancen behält.
B2) 15...Tb8
Dieser Zug ist sicherlich ein besserer Versuch für Schwarz, es wird Druck auf den Bauern auf b2 ausgeübt. Nach 16.Dd3 f6 17.0-0 Kf7 18.Td1
ist der Bauer auf d5 bedroht. In einer Reihe von Partien entschied sich Schwarz, den Bauern zu verteidigen, indem er den Turm auf d8 stellte, eine recht passive Option. In der Partie Ris,R - Van de Oudeweetering,A 1-0 opferte mein Gegner den Bauern mit 18...Le7, und obwohl ich in der Folge gewann, wird man in der Analyse sehen, dass die Dinge nicht so einfach sind und Schwarz trotz des Minusbauern noch vernünftige Remischancen haben sollte. Anstatt auf d5 zu schlagen, könnte Weiß auch einen Zug wie 19.b3! in Erwägung ziehen, um den Druck gegen den Bauern auf b2 zu nehmen, wonach er aufgrund der Bauernschwächen auf a7, d5 und h7 (der Turm auf h8 kann sich nicht leicht bewegen) immer noch einen sehr angenehmen Vorteil genießt.
C) 13...Ke8
Dieser Rückzug erlaubt Weiß, die Figur mit Schach zurückzuerobern und nach 14.Dxb5+ Dd7 15.Sxd5 exd5 16.Dd3
ähnelt die Stellung sehr der Variante B1), mit dem Unterschied, dass sich der schwarze König dieses Mal auf e8 befindet. Im Allgemeinen sollte Weiß mit den Damen noch auf dem Brett etwas besser stehen, und in Shevchenko,K - Saric,I 1-0 wurde dieses Urteil bestätigt. In der Analyse dieser Partie werden Sie einige weitere interessante Beispiele dafür sehen, wie die Dinge für Schwarz schnell schief gehen können. Der beste Versuch für ihn ist vielleicht nach 16...Lb4+ 17.Kf1 der neue Zug 17...Dh3+!?,
was schließlich zu einem leicht schlechteren, aber wahrscheinlich haltbaren Endspiel für Schwarz führt.
D) 13...Sd6
Der entscheidende Test ist, das weiße Figurenopfer anzunehmen, und die folgenden Varianten sind unglaublich scharf. Mit präzisem Vorgehen sollte Schwarz in der Lage sein, das Gleichgewicht zu halten (0,00), aber ich bezweifle, dass die meisten Leute Spaß daran haben, dies mit Schwarz zu spielen. Höchstwahrscheinlich kommt schnell 14.Sxd5+ exd5 15.0-0 Db6 16.Dxd5 Db7
aufs Brett. Schwarz wird versuchen, den Damentausch zu initiieren, da sonst der Angriff von Weiß im Zentrum entscheidend sein wird. Letzterer hat zwei Möglichkeiten.
D1) 17.De5+
Ein sehr logisches Schach, aber die folgende Sequenz 17...Kd7 18.Td1 Te8 19.Df5+ Te6 20.Dxf7+ Le7 21.Lg5 Te8
zeigt, dass auch Schwarz seine Kräfte schnell koordinieren kann. Nach 22.Txd6+ Txd6 23.Te1 Dd5 24.Txe7+ Txe7 25.Dxe7+ Kc6
ist das Damenendspiel mit Läufer und zwei Bauern gegen einen Turm immer noch ausgeglichen. Eine ganze Reihe von Begegnungen endete mit einem Remis, aber es lohnt sich, die Blitzpartie Durarbayli,V - Samunenkov,I 1-0 durchzugehen, die beweist, dass Weiß immer noch versuchen kann, weiterzuspielen.
D2) 17.Dh5
Der jüngste Versuch, neues Leben in diese Variante zu bringen. In Shevchenko,K - Aryan,C 1-0 gewann Weiß eine sehr spektakuläre Partie und später gelang es auch Jorden van Foreest, Vincent Keymer mit dieser Idee zu besiegen. Die nachfolgenden Varianten sind lang und manchmal sogar sehr schwer zu verstehen. Auf jeden Fall glaube ich, dass Weiß diese Art von Stellungen mehr genießt als Schwarz, also ist es definitiv einen Versuch wert!
Zum Schluss noch eine bemerkenswerte Idee für Schwarz, die leicht vergessen werden könnte. Nach 14.Sxd5 von Weiß würden die meisten Spieler wohl automatisch zurückschlagen, aber mit dem Zug 14...Kd7!? kann Schwarz das Figurenopfer ablehnen.
Meine Empfehlung für Weiß ist 15.Sc3, um nach 15...Db6 erneut mit 16.Dh5!? die Damen auf dem Brett zu behalten.
Objektiv gesehen steht Schwarz immer noch ordentlich, wenn es ihm gelingt, die weiße Initiative zu neutralisieren. Allerdings sollte er seine Aufgabe nicht zu leicht nehmen, und es gibt immer noch genügend Möglichkeiten, etwas falsch zu machen, siehe die Analyse der Partie Abdusattorov,N - Grigorov,G 1-0.
Fazit: Das Figurenopfer 13.Dc5+ führt potenziell zu unglaublich scharfen und unterhaltsamen Stellungen für Weiß und ist sicherlich spannender als die berühmte Endspielvariante im Panov-Angriff von Caro-Kann. Doch wie in fast jeder Eröffnung heutzutage steht Schwarz bei präzisem Spiel objektiv gesehen ordentlich – und das in mehr als einer Variante. Dennoch würde ich in einer praktischen Partie jederzeit Weiß nehmen. Aus meiner eigenen Erfahrung und der Bewertung des Spiels von Großmeistern kann ich sagen, dass Schwarz derjenige ist, der sehr vorsichtig sein muss, um in diesem Minenfeld nicht den falschen Schritt zu machen.