Botvinnik-Tal, Weltmeisterschaft, Moskau 1960, Partie 6
Der „Zauberer von Riga“, wie Michail Tal genannt wurde, verblüffte alle mit seiner Kreativität und Unberechenbarkeit auf dem Schachbrett. Viele seiner erfolgreichen Opfer wurden noch Jahrzehnte nach den Partien analysiert, und oft lautete das Urteil, dass Tals Gegner die gewagten Opfer hätten widerlegen können. Aber die Analyse zu Hause und das eigenständige Spiel am Brett unter Zeitdruck sind zwei völlig verschiedene Dinge, was Michail Tal immer wieder unter Beweis stellte.
In der hier vorgestellten sechsten Partie des Weltmeisterschaftskampfes gegen Michail Botwinnik im Jahr 1960 überraschte Tal den amtierenden Weltmeister mit einem völlig unerwarteten Opfer. Plötzlich wurde die schwarze Initiative am Damenflügel dank der neu entstandenen Motive gegen den weißen König auf der gegenüberliegenden Seite des Bretts viel gefährlicher. Wie sich später herausstellte, hätte Weiß in den entstehenden Komplikationen Vorteil erzielen können, aber er musste präzise rechnen und viele Varianten in einer scharfen Stellung vergleichen. Kein Wunder, dass selbst der sehr erfahrene Botvinnik verwirrt war, einen Fehler machte und verlor.
Dieser Sieg mit den schwarzen Figuren war ein wichtiger Schritt für den Gesamtsieg im Match und verhalf dem jungen Tal im Alter von 23 Jahren zum Weltmeistertitel. Tals Rekord als jüngster Weltmeister aller Zeiten wurde erst ein Vierteljahrhundert später vom 22-jährigen Garry Kasparov gebrochen.